Göttinger NoG20-Soli-Newsletter #1

Hallo,
wir begrüßen euch ganz herzlich zum ersten Göttinger NoG20-Soli-Newsletter!
Der G20-Gipfel in Hamburg ist vorbei, die Repression aber noch lange nicht! Auch in Göttingen sind Menschen bereits massiv davon betroffen. Deswegen möchten wir euch hiermit regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten und euch natürlich auch über Solidaritäts- und Protestaktionen informieren. Es wird vor allem um Ereignisse und Planungen mit Bezug zu Göttingen gehen, wir werden das aber immer auch in den bundesweiten Kontext einbetten.

Aktuelle Informationen zu den laufenden Prozessen, Solidaritätskundgebungen in Hamburg und den regelmäßigen Knast-Spaziergängen findet ihr unter https://unitedwestand.blackblogs.org/

In diesem Newsletter geht es um den aktuellen Stand beim Prozess gegen Fabio V., die Razzien in zwei Göttinger Wohnungen im Zusammenhang mit Rondenbarg, die wütende Anti-Repressionsdemo und erneute massive Polizeigewalt dort, die „Öffentlichkeitsfahndung“ der SOKO „Schwarzer Block“ und wichtige Links und Termine.

Übrigens: Ihr könnt die Newsletter auch jederzeit auf unserem blog nachlesen! https://nog20soligoe.blackblogs.org/

 

Zum Stand im Prozess gegen Fabio V. 

Seit den NoG20Protesten sind mittlerweile fast 30 Gerichtsverfahren gegen politische Genoss*innen eröffnet bzw. geführt worden. Die bereits gefällten Urteile zeigen eines sehr deutlich: kriminalisierte Gipfelgegner*innen werden hart bestraft, sie sollen abgeschreckt, eingeschüchtert und im besten Fall politisch mundtot gemacht werden. Das polizeiliche Vorgehen im Fall von Fabio V.s Festnahme und dessen Verbleib in Untersuchungshaft bis Ende November erlangte öffentliches Interesse wie kein anderes Verfahren im Nachklapp des G20.
Mehr unter: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/G20-Vorfall-am-Rondenbarg-Polizeivideo,panoramadrei2576.html,
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/G20-Macht-man-die-Falschen-zum-Suendenbock,gzwanzig280.html und
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/g20-gerhard-strate-haelt-vorgehen-von-polizei-am-rondenbarg-fuer-nicht-rechtens-a-1183340.html

Nach monatelangem Freiheitsentzug ist der 19-jährige Fabio V. unter harten Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ende Oktober wurde das Verfahren gegen ihn u.a. wegen Schweren Landfriedensbruchs eröffnet. Bisher sind weitere Prozesstage bis zum 20.02. angesetzt. Am 03.01. fand erneut eine Solidaritätskundgebung „Freiheit für Fabio und die G20 Gefangenen!“ vor dem Amtsgericht Hamburg Altona anlässlich des ersten Verhandlungstages 2018 statt. Die Verhandlung wird am 23.01. fortgesetzt. Einen sehr guten Überblick über den bisherigen Prozessverlauf sowie eine politische Einordnung bietet der Zwischenbericht des Grundrechtekomitees: http://www.grundrechtekomitee.de/node/903Detaillierte Berichte zu den einzelnen Prozesstagen findet ihr hier: https://unitedwestand.blackblogs.org/category/prozesse/

Fabios Prozess gilt als richtungsweisend für alle folgenden Gerichtsverfahren in Bezug auf den brutalen Polizeieinsatz am Rondenbarg, in dessen Verlauf fast 60 Gipfelgegner*innen in Gewahrsam genommen wurden. Auch gegen Göttinger Aktivist*innen werden voraussichtlich in den folgenden Monaten Verfahren eröffnet. Wir halten euch über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden!
 

Razzien und Demo in Gö 

Vor etwa einem Monat, am 05.12.2017, stürmte die Polizei mit rund 600 Einsatzkräften bundeslandübergreifend 25 Objekte mutmaßlicher Verdächtiger im Rahmen der NoG20Proteste. Konkreter formuliert, richtete sich der Einsatz erneut gegen Personen, die in Verbindung mit der Demonstration am Rondenbarg gebracht werden. Unter Leitung der Sonderkommission „Schwarzer Block“ wurden die Räume von 22 Menschen zum Gegenstand staatlicher Verfolgungsbehörden. In Göttingen galten die Durchsuchungsbeschlüsse drei Personen, es wurden zwei Wohnungen durchsucht. Im Verlauf der gewaltvollen Stürmung der Häuser wurden zwei Menschen verletzt. 
Die Polizei wird mit den beschlagnahmten persönlichen Kommunikations- und Speichermedien so viele Daten wie möglich sammeln, diese speichern und als Grundlage zur weiteren (Straf-)Verfolgung nutzen. Sie wollen wissen, wer mit wem Kontakt hat und daraus Netzwerke konstruieren, um diese ebenfalls zu überwachen. Aus diesem Grund sollten wir auch in Zukunft mit Razzien rechnen.
Einzelheiten zu den Hausdurchsuchen sowie Stellungnahmen findet ihr hier: http://monstersofgoe.de/2017/12/05/polizeirazzien-in-goettingen/   http://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Hamburger-Krawalle-waren-minuzioes-vorbereitet
http://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Der-Norden/Razzia-gegen-G20-Randalierer-in-Goettingen
https://www.inventati.org/ali/pictures/2017/solidaritaet/g20-repression/2017-12-05-pressemappe.pdf.
https://www.taz.de/!5468571&shttps://www.taz.de/!5464101&s/

Als Antwort auf die Hausdurchsuchungen wurden an vielen Orten Antirepressionsdemos organisiert. Am 09.12. folgten in Göttingen rund 600 Menschen dem Demonstrationsaufruf der A.L.I. und weiterer linker Gruppen. Auch hier kam es zu brutalen Polizeiübergriffen. Ein Ordner der Demonstration wurde unter anderem mit dem Schlagstock zu Boden geprügelt und verlor kurzzeitig das Bewusstsein, obendrein wurde er vorübergehend festgenommen.
Weitere Infos gibts hier:
http://monstersofgoe.de/2017/12/13/video-stellt-gewahrsamnahme-waehrend-demo-infrage/
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Goettingen-Ermittlungen-nach-Polizeieinsatz,polizeieinsatz214.html
https://www.buerger-beobachten-polizei.de/oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen

 

Die „Öffentlichkeitsfahndung“

Am 18. Dezember startete die SOKO „Schwarzer Block“ in Hamburg ihre „Öffentlichkeitsfahndung“ nach angeblichen Straftäter*innen. Dazu veröffentlichte sie fünf Videosequenzen und Bilder von 104 Menschen. 
Spätestens beim Blick auf die Videos und Bilder wird offensichtlich, dass es hier vor allem um Stimmungsmache und die Rechtfertigung der massiven Polizeigewalt während des Gipfels geht. Auf den Videos sind an keiner Stelle Personen zu erkennen und auch die Bilder sind zum Teil so unscharf, dass man darauf erkennen kann, wen man möchte. Das trifft vor allem auch auf die Bilder vom Polizeieinsatz am Rondenbarg zu. Weil die Rechtsgrundlage im Bezug darauf mehr als dünn ist, erklärt die Polizei Hamburg auf ihrer Pressekonferenz auch gleich selbst nochmal, warum die Anwesenheit am Rondenbarg in jedem Fall eine schwere Straftat darstellt und wartet die gerichtlichen Entscheidungen dazu nicht einmal mehr ab.
Einige Boulevardzeitungen übernahmen die Bilder der Polizei 1:1 in ihre Druckausgaben. Die Bild-Zeitung tat sich mit der Großaufnahme einer – wie sich inzwischen rausstellte – Minderjährigen hervor und titelte „Polizei sucht diese Krawall-Barbie“. Diese Form des von der Polizei Hamburg initiierten Internet-Prangers ist nicht mehr zurückzunehmen und die Bilder werden aus dem Internet nicht mehr verschwinden. 

Diese „Öffentlichkeitsfahndung“ erntete in der Presse aber auch viel Kritik. Im Folgenden einige kritische Stimmen:
„G 20 ist keine Lizenz zum Rechtsbruch“, Süddeutsche        
http://www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungen-g-ist-keine-lizenz-zum-rechtsbruch-1.3796934
„Die Methode Barbie“, ebenfalls Süddeutsche
http://www.sueddeutsche.de/politik/oeffentlichkeitsfahndung-die-methode-barbie-1.3801309
Videokommentar „Fahndung nach G-20-Chaoten erinnert an RAF-Zeiten“, Süddeutsche
http://www.sueddeutsche.de/politik/videokommentar-von-heribert-prantl-fahndung-nach-g-chaoten-erinnert-an-raf-zeiten-1.3797658
„Hetzjagd als Volkssport“, taz
https://www.taz.de/!5469534&s/
Fahndung durch „rechtswidrigen Internetpranger“?, DLF
http://www.deutschlandfunk.de/g20-fahndung-durch-rechtswidrigen-internetpranger.2907.de.html?dram:article_id=406534
Kommentar zum ersten „Fahndungserfolg“ bei vice
https://www.vice.com/de/article/kzn8de/der-erste-gestandige-aus-der-g20-grossfahndung-ist-offenbar-ein-rechter?utm_source=vicetwitter
„G20-Fahndung, Hilfssheriffs und Männlichkeit“
https://patrick-gensing.info/2017/12/19/g20-fahndung-hilfssherriffs-und-maennlichkeit/
und hier noch die politische Einordnung der United we stand-Kampagne dazu: 
https://unitedwestand.blackblogs.org/fahndung-und-nu-statement-der-kampagne-united-we-stand/

Im Zweifelsfall war es nicht die letzte Fahndung dieser Art, beherzigt also die folgenden Hinweise:
– Wenn ihr meint, ihr wärt auf den Bildern zu sehen: Lasst euch nicht
verrückt machen. Kontaktiert die Rote Hilfe oder andere Rechtshilfestrukturen auf SICHEREN Wegen (am Besten hingehen) und lasst euch beraten.
– Wenn ihr meint, eine_n Freund_in zu erkennen: Sagt ihnen das auf  sicherem Weg (am Besten persönlich) und sonst NIEMANDEM. Kein Gelaber am Tresen, keine Heldengeschichten. Schreitet ein, wenn ihr mitbekommt, dass Spekulationen angestellt werden!
Wenn ihr euch diese Bilder angucken wollt, nutzt den Torbrowser. Die Polizei hat in der Vergangenheit sehr genau hingeguckt, von welchen Anschlüssen aus ihre Fahndungsseiten aufgerufen werden.
Bereitet euch auf erneute repressive Schläge vor! Egal ob ihr meint, dass die Polizei etwas gegen euch in der Hand hat oder nicht: Räumt eure Wohnungen auf!

Zur Aufklärung der Geschehnisse rund um den G20 hat sich ein Außerparlamentarischer Untersuchungsausschuss gegründet. Mehr findet ihr unter: https://g20apua.blackblogs.org/.

btw: G20-Gegner*innen verklagen Hamburg
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/G20-Gegner-verklagen-Hamburg,gipfeltreffen756.html

 
safe the date:
– vom 29. Januar bis zum 4. Februar wird es transnationale Aktionstage gegen ihre Repression geben, Aufruf folgt! Aktionstage sind, was ihr draus macht!
– 17.3.18 in Hamburg „United We Stand! Antirepressionsdemo – Lasst uns gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Repression und für eine solidarische Perspektive setzen.“ 
https://unitedwestand.blackblogs.org/united-we-stand-antirepressionsdemo-hamburg-am-17-3-18/

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