Wenn es nach der Hamburger Staatsanwaltschaft gegangen wäre, hätte es spätestens heute eine Verurteilung im Prozess gegen Fabio gegeben. Schon alleine deshalb, weil es die letzte Möglichkeit für einen Abschluss des Verfahrens gewesen wäre, da die Richterin ab März im Mutterschutz ist.
„Prozess gegen G20-Gegner Fabio V. geplatzt“, NDR
Panoramabeitrag vom 27.02.18, NDR
„Angriff auf die Versammlungsfreiheit“, taz
Fabio wurde im Zuge der G20-Proteste am Morgen des 7. Juli am Rondenbarg in Hamburg festgenommen, wo ein Demonstrationszug von der Polizei massiv angegriffen wurde. Viele Demonstrant*innen wurden schwer verletzt und über 60 Menschen im Anschluss festgenommen. Fabio saß danach fast fünf Monate in Untersuchungshaft, obwohl ihm bis heute, nach 12 Prozesstagen, keine konkrete Tat – nur die reine Anwesenheit – vorgeworfen wird. Konstruiert wird die Anklage, u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs, durch die Behauptung, es habe sich am Rondenbarg nicht um eine politische Demonstration gehandelt, sondern um eine Gruppe, die sich „zu Gewalt verabredet“ habe. Schon das hanseatische OLG stützte diese Sichtweise in seiner Haftbegründung auf ein Urteil des BGH aus 2017. Dumm nur, dass es darin um einen Überfall von Hooligans auf Fans des gegnerischen Vereins ging und das BGH die Übertragung auf Demonstrationen explizit ausgeschlossen hat.
Mit viel Phantasie versuchte bereits die Polizei vor Ort, die Demo als gefährlich darzustellen und dadurch ihren Einsatz zu rechtfertigen. So werden zahlreiche Gegenstände, die neben der Demo und am Rande einer Baustelle im Gebüsch gefunden wurden, der Demonstration zugeordnet. Die Demonstrierenden sollen sich also mit Bauzaunlatten, verschiedenem Werkzeug wie Sägen und Hämmern und sogar einer Badewanne auf den Weg zur Blockade gemacht haben.
Am letzten Prozesstag wurde sehr deutlich, dass mit allen Mitteln versucht wird, ein Abschluss des Prozesses zu erzwingen. Unzählige Beweisanträge wurden abgeschmettert und die Verschriftlichung von Funkaufzeichnungen der Polizei sowie der Ablehnungsbeschlüsse des Gerichtes abgelehnt. Die Erörterung der Frage, ob es sich am Rondenbarg um eine – grundrechtlich geschützte – Demonstration gehandelt habe und somit der Polizeieinsatz in dieser Form rechtswidrig war, wird von der Richterin einfach als irrelevant für die angestrebte Verurteilung abgetan.
Bericht vom letzten Prozesstag am 20.02.18
Bericht vom Prozesstag am 13.02.18
Da Fabios erster Prozess nun mangels Richterin geplatzt ist, muss er komplett neu aufgerollt werden. Das heißt, es muss ein neues Gericht (also Richter*in, Schöff*innen Staatsanwält*in) gefunden werden und dann geht das Ganze vermutlich nochmal von vorne los. Wir freuen uns für Fabio, dass er nun erstmal nach Hause kann und wünschen ihm ganz viel Kraft für den erneuten Prozess!
Was den Prozess betrifft, halten wir es mit Fabios Anwält*innen: alles außer Freispruch ist inakzeptabel! Aber was hier passiert ist keine juristische, sondern eine politische Frage und auch darauf gilt es, entsprechende Antworten zu finden!
Interview mit Fabio, taz
Pressemitteilung des Grundrechtekomitees
Mit dem Prozess gegen Fabio sollte im Besonderen ein Präzedenzfall für weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Demonstration am Rondenbarg geschaffen werden. Wie bereits mehrfach erwähnt, sind davon auch Menschen aus Göttingen betroffen. Wir können noch nicht absehen, was der Abbruch von Fabios erstem Prozess für die Verfahren gegen Göttinger Genoss*innen bedeutet.
Eines zeigen der Verlauf von Fabios Prozess und die lange Untersuchungshaft eindeutig: es geht hierbei um die Kriminalisierung von politischem Protest und Einschüchterung.
Zeigen wir gemeinsam, dass wir uns nicht einschüchtern lassen! Kommt zur Antirepressions-Demo am 17. März in Hamburg! Aufruf