Göttinger NoG20-Soli-Newsletter #10 (Teil 1)

Unser letzter Newsletter ist schon eine ganze Weile her, seitdem ist einiges passiert. Beispielsweise wurden direkt nach unserem solidarischen Sommerfest, am Gipfel-Jahrestag drei Menschen in Hamburg von der Parkbank weg festgenommen und der geplanten Brandstiftung beschuldigt, zwei von ihnen sitzen immer noch in Untersuchungshaft. Der Elbchausseeprozess läuft in aller Absurdität weiter, aber zumindest wurde Loic im Dezember unter Auflagen aus dem Knast entlassen. Und die Rondenbargprozesse werden voraussichtlich in diesem Jahr starten, im Herbst 2019 sind Anklageschriften an ca. 30 Aktivist*innen rausgegangen. Wie bereits mehrfach erwähnt, wurden auch Göttinger Genoss*innen bei der Demonstration am Rondenbarg festgenommen.

Außerdem wird die Klage gegen das „Vereinsverbot“ von linksunten.indymedia am Mittwoch, den 29.1. in Leipzig verhandelt und es wird zu einer Demo am Tag (i) aufgerufen. Also auf nach Leipzig am 25.1.!
Und, psst, ein Archiv von linksunten ist seit Mitte Januar online!

Wir werden uns in diesem Newsletter auf die Entwicklungen in den laufenden und anstehenden Prozessen konzentrieren. Es gibt noch einiges mehr zu berichten, aber dazu dann beim nächsten Mal!

 

Rondenbarg-Prozesse

Wir erinnern uns: am ersten Tag des G20-Gipfels in Hamburg wurde ein Demonstrationszug am Rondenbarg von der Polizei angegriffen, viele Demonstrierende schwer verletzt und über 60 Menschen festgenommen und in die GeSa verschleppt. Um diesen Polizeieinsatz zu rechtfertigen, wird händeringend versucht, möglichst viele Aktivist*innen zu kriminalisieren. Dies lief bereits beim ersten Prozess in diesem Zusammenhang, gegen unseren Genossen Fabio aus Italien, eher schlecht. Da die Richterin in Mutterschutz gegangen ist, müsste sein Prozess neu aufgerollt werden, um ihn zu einer Verurteilung zu bringen. Eine Zusammenfassung von Fabios Prozess findet ihr hier.

In diesem Jahr sollen nun die Massenprozesse gegen insgesamt bis zu 100 Aktivist*innen starten. Anfang September 2019 wurde 19 jungen Gipfelgegner*innen eine umfangreiche Anklageschrift zugesandt. [Alle waren damals 21 Jahre oder jünger und gelten damit als Jugendliche bzw. Heranwachsende.] Geplant ist, sie alle gemeinsam vor der Jugendkammer des Landgerichts Hamburg unter Ausschluss der Öffentlichkeit anzuklagen.  In diesem Zusammenhang soll auch Fabios Prozess nun neu aufgerollt werden. Dass der Prozess mit voraussichtlich mind. einem Prozesstag pro Woche und einem Jahr Dauer in Hamburg stattfindet und nicht, wie bei Jugendstrafrecht üblich, am jeweiligen Wohnort, bedeutet einen massiven Eingriff für die Jugendlichen. Damit wird den Betroffenen ein regelmäßiger Schulbesuch oder die Durchführung einer Ausbildung für die Dauer des Prozesses unmöglich gemacht. Darüber hinaus bedeutet der Ausschluss der Öffentlichkeit, dass die solidarische Begleitung der Angeklagten im Gerichtssaal unterbunden wird und dass hier Fakten geschaffen werden können, ohne dass die Öffentlichkeit einen Einblick darin hat.
Anfang Oktober erhielten dann noch 11 weitere Aktivist*innen, die nach Erwachsenenstrafrecht verfolgt werden, ebenfalls eine Anklageschrift.

Wie auch im Elbchausseeprozess beruhen die Anklagen darauf, dabei gewesen zu sein, konkrete Handlungen werden den Einzelnen nicht zur Last gelegt. Sollte diese Strategie Erfolg haben, wäre es dem Staat jederzeit möglich, für noch so kleine Vorfälle eine gesamte Demonstration zu verfolgen und zu kriminalisieren. Es geht bei den Prozessen in Hamburg also nicht nur um mögliche Strafen für unsere Genoss*innen, sondern auch um die grundsätzliche Verschärfung der Bedingungen unter denen wir auf die Straße gehen.

Gemeinschaftlicher Widerstand! – Bundesweite Kampagne gegen Repression

Gemeinschaftlicher Widerstand

 

Elbchaussee-Prozess

Im Elbchauseeprozess ist seit dem Newsletter #9 im Sommer zu berichten, dass etliche Hauseigentümer*innen, Unternehmer*innen etc. gefühlt endlos über ihre schrecklichen Erfahrungen mit Sachbeschädigungen berichteten, ganz viele Videso geschaut und wahllos weitere Zeug*innenaussagen von der Polizei mit wenig Inhalt wiederholt wurden. Der Prozess wird sich wohl bis Ende April diesen Jahres ziehen.

Für eine detaillierte Einordnung des Prozesses verweisen wir auf unsere letzten Newsletter sowie folgende Links:
Kein Verlass auf Polizeiakten, nd
Transmitter 0419, fsk

Über United we stand gibt es wie immer detaillierte Prozessberichte:
Prozessbericht-elbchaussee-vom-29-07-2019-und-30-07-2019
Prozessbericht-zum-34-tag-im-elbchaussee-prozess
Prozessbericht-elbchaussee-19-9-19
Prozessbericht-elbchaussee-20-09-19-25-09-19
Prozessbericht -elbchaussee-23-10-19-und-30-10-19

Für den Ausgang des Prozesses war das Anfang November stattfindende „Rechtsgespräch“ bislang der richtungweisende Teil der Verhandlungen. Anhand der Berichte wird deutlich, dass die Richter*innenkammer die Versammlung der rund 200 Menschen nicht als Demonstrationszug bewerten wird. Gleichzeitig wird den fünf Angeklagten eine Billigung der Schäden zugerechnet. Ein gemeinsamer gefasster großer Zerstörungsplan sei nicht zu erkennen. Uneinigkeit besteht für die Richter*innen hauptsächlich in der Bewertung des Verlassens der Versammlung sowie bei der Frage nach einer Mitschuld an den angezeigten Körperverletzungen. Alles in allem gibt diese Voreinschätzung der Prozessführenden wenig Hoffnung auf einen Freispruch der Aktivist*innen.
Elbchaussee-Prozess:Kurzbericht vom 6.11.19, unitedwestand
Zum rechtsgespräch am 6.11.19, unitedwestand

Speziell zu Loic ist zu berichten, dass er zum Ende des Jahres, nach fast anderthalb Jahren U-Haft unter Auflagen entlassen worden ist. Beiträge hierzu und eine persönliche Stellungnahme findet ihr unter den angegebenen Links:
Loics Bericht: Die Mauern niederreißen, die den Knast von der Außenwelt trennen
Elbchaussee-Randale: Letzter U-Häftling frei, NDR
Kampagne #libertepourloic
Radiointerview zu Loic, freie-radios.net

 

Die Drei von der Parkbank

In der Nacht auf den 8.7.2019 wurden drei Genoss*innen in einem Park in Hamburg-Eimsbüttel von der Parkbank weg festgenommen und daraufhin mehrere Wohnungen durchsucht. Seitdem sitzen zwei von ihnen in Holstenglacis in U-Haft, die dritte Person kam gegen Auflagen raus. Ihnen wird laut Presse die Vorbereitung einer Brandstiftung im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Krawalle gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg vorgeworfen. Die Ermittlungen werden von der Generalstaatsanwaltschaft geführt.

Derweil wird in der Springer-Presse gefeiert, dass es gelungen sei, einen „Anführer“ und „Strippenzieher“ der linken Szene gefasst zu haben. Das ist wohl der springende Punkt in diesem Verfahren, es muss jetzt also auch was rumkommen für die Ermittlungsbehörden. Und sicherlich wird dieses Verfahren und die damit zusammenhängenden Ermittlungen genutzt, um möglichst viel über alle möglichen Menschen herauszufinden. Passt also auf euch auf!
So gab es am 09.10.19 bei der dritten Beschuldigten erneut eine Hausdurchsuchung, um an Schriftproben der Gefährtin zu gelangen. Im Zuge der Razzia wurde auch ihre DNA abgenommen. Die Belästigung der Genossin und anderer Anwohner*innen macht deutlich, dass sie nach wie vor gegen Personen ermitteln und offenbar Observationen durchführen.
Infos zu DNA-Abnahmen in diesem Verfahren
Im November wurden die Anklageschriften zugestellt. Demnach werden alle drei der Vorbereitung einer schweren Brandstiftung angeklagt. Der Prozess hat nun am 8. Januar 2020 begonnen. Einen kurzen Bericht zum Hören gibt es hier.

Alle Infos könnt ihr ausführlich auf dem Soli-Blog nachlesen: Parkbank Solidarity
Dort findet ihr die Prozesstermine, aktuelle Informationen rund um die Parkbank, Soli-Aktionen, aber auch updates dazu, wie es den beiden Gefangenen geht und Briefe von ihnen.

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